Subjektivierung

Quelle: Oskar Schlemmer ca. 1921,
Wikimedia Commons

„Esst mehr Obst“, „Rauchen kann tödlich sein“, „Macht mehr Sport“:  die gegenwärtigen medialen, sozialen und kulturellen Räume, in denen sich Individuen bewegen, sind voller Hinweise auf individuelle Handlungsmöglichkeiten und -änderungen zur Förderung oder zum Erhalt der eigenen körperlichen und mentalen Gesundheit und Selbstoptimierung. Diese Subjektivierung von Gesundheitspraktiken ist ein Trend unserer heutigen Zeit und steht im Zusammenhang zu anderen gesellschaftlichen Wandlungen. Nach Wiebke Wiede bedeutet Subjektivierung „die erkenntnistheoretische Annahme eines autonomen, handlungsfähigen und zur Emanzipation begabten Subjekts [und] ist ein historisches Projekt der Neuzeit“, welches sich selbstverantwortlich um seine Gesundheit kümmert. Diese Eigenschaften werden zum Beispiel durch die Digitalisierung beeinflusst, indem der Zugang zu Informationen verändert wird und Angebote vielfältiger werden.1 Als Folge dieser Entwicklungen muss sich das Individuum selbst disziplinieren und eigenständig Maßnahmen zur Gesundheitsheitsprävention ergreifen. Das Konzept verfestigt sich in der Form des präventiven Selbsts – Das Individuum ist in der Verantwortung rationale Entscheidungen für die Förderung der eigenen Gesundheit zu treffen.2

Die Subjektivierung manifestiert sich in diversem individualisierten Gesundheitsverhalten in unserem Alltag, dass sich in den Aufforderungen und Möglichkeiten zur körperlichen und mentalen Selbstoptimierung, der Selbsttechnisierung bis hin zur individuellen Prävention durch Einzelberatung in medizinischen Institutionen, ehrenamtlichen Einrichtungen und Formen von Intervention zeigt. Die Forschungen im Theoriefeld der Subjektivierung fangen diesen Einfluss der Individualisierung auf Gesundheitsverhalten ein. 

Diesen theoretischen Zugang haben folgende studentische Einzelprojekte gewählt:

Arndt, Laura: „Bin ich krank?“ – Psychologische Online-Selbsttests als neoliberales Mittel der Selbsterforschung
Kemper, Skadi: Self-Tracking – Der Untergang des Individuums in der modernen Leistungsgesellschaft?
Lange, Kristin: Self-Tracking –
Selbstoptimierung oder zwanghafter Leistungsdruck?
Die Auswirkungen des Fitnesshypes im Hinblick auf social-media
Pfingsten, Charlotte: Telefonische Seelsorge
Seewald, Fanny: Solidarische Praktiken der Gesundheitsprävention
Winterhalter, Kim Chanel: „Das Ohr“ kann mehr als Zuhören – Eine Forschungsreise im Untergrund

Literatur:

Lengwiler, Martin; Madarász, Jeannette (Hg.) (2010): Das präventive Selbst: eine Kulturgeschichte moderner Gesundheitspolitik. Bielefeld: Transcript Verlag.

Wiede, Wiebke (2014): Subjekt und Subjektivierung. Potsdam: Zentrum für Zeithistorische Forschung. Online unter: https://zeitgeschichte-digital.de/doks/files/572/docupedia_wiede_subjek_v1_de_2014.pdf, [24.01.2019].